Interview mit Agnes Husslein-Arco
An einem Montag im Hochsommer betreten wir das geschlossene Leopold Museum in Wien, um ein Interview mit Agnes Husslein-Arco zu führen. Die Szenerie ist großartig – inmitten der Schieles, Kokoschkas und Klimts dürfen wir die geeignete Kulisse auswählen. Wer die Wahl hat, hat die Qual. Wir entscheiden uns intuitiv für den Männerakt von Egon Schiele, eine Selbstdarstellung. Noch heute ist es am Kunstmarkt schwierig, einen Männerakt, der von einer Frau gemalt wurde, zu verkaufen. Warum ist das so? Vor dem Akt Schieles stehend finden wir die Antwort jedenfalls nicht und widmen uns wieder dem Setting. Als Agnes Husslein-Arco in ihrem grünweißen Sommerkleid den Raum betritt, zieht sie alle Energie auf sich. Es ist nicht nur ein Mythos, ihre Aura scheint tatsächlich in Positivismus und Stärke getränkt. Sie kommt gerade vom Wörthersee und hat im Anschluss eine Vorstandssitzung, aber dennoch wirkt sie gelassen und geerdet. Sie ist eine, die sich als Frau in einer männerdominierenden Branche ihren Weg gelegentlich auch mit männlichen Attributen erkämpfen musste.
Als Gründerin von Sotheby’s Österreich nannte man sie damals Anfang der 80er Jahre noch „die Kleine“ – heute würde das wohl keinem Mann mehr so leicht über die Lippen kommen, wenn er Agnes Husslein-Arco gegenübersteht. Als Frau ist es ihr in erster Linie immer um Respekt gegangen, und genau den hat sie sich in über 40 Jahren auch erarbeitet. Nur einmal ging dieser ihr gegenüber verloren, in der bekannten Affäre rund um ihre unschöne Absetzung als Direktorin des Belvedere. Aber sogar in dieser Situation ist es ihr gelungen, nochmals über sich hinauszuwachsen, denn „jede Krise ist eine Chance, um sich neu zu definieren“.

Ich bin eine emanzipierte Frau, aber keine Emanze. Das Geschlecht ist für mich kein Kriterium, und empfundene Ungerechtigkeiten habe ich als Challenge gesehen – ich möchte aufgrund meiner Kompetenz und meines Wissens etwas erreichen.
stayinart: Wir haben heuer zum ersten Mal in der Geschichte einen globalen Lockdown erlebt. Wie sind Sie mit diesem „Stillstand“ umgegangen?
AGNES HUSSLEIN-ARCO: Ich habe großes Glück, dass ich ein Haus am Wörthersee habe, wo ich mich mit meiner Familie und meinen Hunden zurückgezogen habe. Es war das erste Mal, dass ich eine so lange Zeit in diesem Haus verbracht habe und den See und die Natur erleben konnte. Es war so ruhig, dass man die Wellen der schwimmenden Enten beobachten konnte, prachtvoll! Meine Arbeit konnte ich weitgehend von zuhause erledigen und war über sämtliche Online-Tools sehr gut vernetzt, um Meetings abzuhalten. Was die Ruhe angeht, so war es eine angenehme Zeit. Mein Leben war ja immer total hektisch, und in dieser Zeit des Lockdowns konnte ich mich wieder auf das Wesentliche konzentrieren – das habe ich als sehr angenehm empfunden! In der Ruhe liegt die Kraft.
Sie waren Eiskunstläuferin – ein Wettbewerbssport. Hat Sie das zu einer „Kämpferin“ gemacht?
Ja natürlich – auch beim Sport geht es darum, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren, mit Disziplin auf den Weg zum Ziel zu achten und dabei niemals aufzugeben. Was noch dazu kommt: Beim Eiskunstlauf gibt es keine objektive Messlatte, wie beispielsweise Zeit. Man ist dort einem menschlichen Urteil ausgeliefert. Menschen haben Emotionen und Interessen. In solchen Situationen habe ich schon sehr früh gelernt, empfundene Ungerechtigkeiten wegzustecken. Es war eine sehr lehrreiche Zeit – immerhin habe ich den Sport fast 20 Jahre ausgeübt.
Sie sind ja nicht als Verfechterin der Frauen-Quote bekannt – warum?
Das frage ich mich auch; deshalb bin ich sehr dankbar für diese Frage. Ich habe in meinem Leben sehr viel mit Künstlerinnen gearbeitet, was mein Ausstellungsprogramm beweist, aber auch der Großteil meiner Belegschaft in den unterschiedlichen Institutionen war weiblich. So war auch der Frauenanteil sowohl der Ausstellungen als auch der Ankäufe, die ich während meiner Zeit im Belvedere getätigt habe, in Summe verhältnismäßig hoch. Ich bin eine emanzipierte Frau, aber keine „Emanze“. Ich würde nie jemanden ausstellen, nur weil es eine weibliche Position ist. Für mich zählt die Qualität, die Leistung, die Qualifikation. Das Geschlecht ist kein Kriterium. Ich hätte so ein Kriterium auch für mich nie in Anspruch genommen. Ich möchte einen Job nicht bekommen, nur aus dem Grund, weil ich eine Frau bin. Ich möchte aufgrund meiner Kompetenz und meines Wissens etwas erreichen.
Haben Sie in Ihrer Karriere nie einen Nachteil erlebt, weil Sie eine Frau sind?
Ich habe es sicher in meinem Berufsleben schwerer gehabt als so mancher männliche Kollege. Ich habe ja sehr lange für amerikanische Unternehmen wie Sotheby’s und das Guggenheim Museum gearbeitet, wo Frauen schon damals sehr gefördert und vor allem respektiert worden sind. Das macht auch den großen Unterschied: Dass eine Frau respektiert wird für das, was sie zu sagen hat. Als ich damals in Wien mit Sotheby’s begonnen habe, hatten so manche Herren im Kunsthandel die Einstellung: „Na, der Kleinen werden wir es schon zeigen!“ Mich hat diese Einstellung angespornt, ich habe es als Challenge gesehen, um weiter zu kommen. So war ich dann auch die erste weibliche Museumsdirektorin in einem österreichischen Bundesmuseum. Man kann sich vorstellen, dass es auch in den Ministerien manchmal schwierig war, sich als Frau Gehör zu verschaffen. Ich nehme es als Herausforderung – geht nicht, gibt’s nicht!
Gab es ein Schlüsselerlebnis, das Ihre Leidenschaft für die Kunst geweckt hat?
Zum einen ist ja bekannt, dass ich von Kindheit an meinen Großvater Herbert Boeckl in seinem Künstlerdasein erleben durfte. Er hat damals viel Zeit mit uns Kindern verbracht. Zum anderen hatte ich einen großartigen Vater, der es verstanden hat, die Talente meiner Geschwister und mir zu erkennen und zu fördern. Ich wusste als junges Mädchen nicht, was ich studieren möchte, und dachte eher daran, Fotomodell oder Stewardess zu werden. Mein Vater legte mir nahe, Kunstgeschichte zu studieren und diesem Rat folgte ich. Das Studium war damals unglaublich altmodisch, ein richtig verstaubtes „altväterisches“ Institut. Ich dachte, dass ich das nicht aushalten würde. Mein Vater meinte daraufhin, ich solle doch zeitgleich ins Dorotheum als Experten-Elevin gehen. Wahrscheinlich war dieser Schritt für mich das Schlüsselerlebnis, denn im Dorotheum mit Professor Herbst habe ich gelernt zu schauen, zu beurteilen. Ich durfte die Kunstgegenstände in die Hand nehmen, hatte mit Menschen, vor allem mit Sammler*innen zu tun, das hat mir viel mehr Freude bereitet als das trockene Studium. Ich habe dann sehr schnell promoviert, bin Expertin im Dorotheum geworden, um dann nach New York zu gehen und dort bei Sotheby’s zu beginnen. Diese ganz andere Kultur in Amerika hat mich in meiner Art, wie ich auch heute noch im professionellen Kontext agiere, sehr geprägt.
Sie sind eine „Macherin“ und eine „Netzwerkerin“, und haben auch ein Stück weit die amerikanische Strategie des „Sponsorings“ für Museen in Österreich etabliert. Was ist ausschlaggebend, um Menschen als Geldgeber*innen für die Kultur und insbesondere die Kunst zu gewinnen?
Zum einen ist es natürlich unerlässlich, gut vernetzt zu sein, also über ein großes Netzwerk in allen Bereichen zu verfügen: Kunst, Industrie und Gesellschaft. Zum anderen muss man die Förderer hegen und pflegen. Ich habe bei Sothebys und im Guggenheim Museum von der Pieke auf gelernt, wie man das macht. Wahrscheinlich habe ich auch das Talent dafür, da ich ein sehr kommunikativer Mensch bin und mit vielen Menschen gut umgehen kann. Ich bin überzeugt, ich kann Menschen vernetzen, habe ein sehr gutes Gedächtnis und, so denke ich, eine hohe emotionale Intelligenz. Dieses Repertoire an Eigenschaften haben viele Menschen nicht. Bei Sponsoring muss man die Leute in der Seele, in ihrer Emotion „erwischen“, muss auf sie zugehen. Das ist ein langes Prozedere. Heute, denke ich, finde ich zu allen relevanten Persönlichkeiten einen Zugang. Grundsätzlich gilt: Sponsoring ist keine Einbahnstraße, es ist ein Nehmen und ein Geben – letztendlich muss für beide Seiten ein Mehrwert generiert werden.
Welche Persönlichkeitsmerkmale muss eine Führungspersönlichkeit in einem internationalen Museum unbedingt mitbringen, um zu „überleben“?
Zunächst die internationale Vernetzung, von der wir schon gesprochen haben. Es ist sicherlich ein großes Manko hier in Österreich, dass die meisten Direktoren international zu wenig vernetzt sind. Als Direktor muss man das Haus auch nach außen vertreten, mutig und entscheidungsfreudig sein und einen Konflikt nicht scheuen. Ich hatte nie Angst vor diesen Aufgaben, bin immer vor meinen Leuten und vor meinem Haus gestanden, selbst wenn es der Minister war. Ich war vielleicht unbequem, aber ich habe das Museum, die Kunst und die Künstler vertreten und zwar mit ganzem Engagement. Ich fürchte mich vor nichts – mir geht es immer um die Sache! Ich habe auch die Fähigkeit, sofort eine Entscheidung treffen zu können, auch wenn sie sich später als falsch herausstellt.
Sie müssen nicht drüber schlafen?
Oh nein, ich weiß immer sofort, was ich will!
Als Leitfigur des Belvederes haben Sie dieses Museum in eine neue Ära geführt und dann sind Sie plötzlich zu einem Opfer politischer Entscheidungen geworden. Begründet hat man diese Entscheidung mit Compliance Verstößen, die sich im Nachhinein als haltlos erwiesen haben. Was halten Sie prinzipiell von unserem Rechtsstaat?
Zuerst einmal haben mich diese Vorwürfe damals sehr gekränkt. Ich habe alles für dieses Museum gegeben, alle meine Beziehungen offen gelegt, Schenkungen arrangiert, die in dieser Größenordnung bis dato niemand erzielt hat. Ich war so fassungslos, dass ich mich damals unmittelbar gar nicht zur Wehr setzen konnte. Ich habe eine sehr schlechte Eigenschaft: Wenn man mich persönlich angreift und mich zu Unrecht beschuldigt, geht mir dies so unter die Haut, dass es mich zum Weinen bringt. Diese Freude wollte ich dann auch niemandem machen. Was mich schon etwas erstaunt hat, ist die Tatsache, dass die Unterstützung seitens der Künstler relativ bescheiden ausgefallen ist. Aber zurück zur Frage: Es ist nun einmal so, bei Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Es war ein Politikum, das muss man zur Kenntnis nehmen. Eine völlig konstruierte Sache. Wenn man mir das vorher gesagt hätte, hätte ich niemals geglaubt, dass so etwas möglich ist. Dass die Missgunst und der Neid auf meinen Erfolg als Direktorin so groß sind, hätte ich mir nie vorstellen können. Ich gehöre ja keiner politischen Partei oder Bewegung an, ich bin völlig unabhängig. Dass man so weit geht und auch für die nächsten Generationen so eine Erfolgsgeschichte einfach unterbricht, das hätte ich mir nie ausmalen können, denn ich habe ausschließlich kulturelle Werte für die Republik und die nächsten Generationen generiert. Wer hat das sonst so umfassend gemacht? Gerade habe ich den „Radetzkymarsch“ von Joseph Roth gelesen und muss feststellen, dass sich nicht viel geändert hat seit damals. Die Missgunst und der Neid in Österreich sind groß. Was mich sehr brüskiert, ist der offensichtliche Schutz für sogenannte „Parteimitglieder“. Das hat im 21. Jahrhundert absolut nichts verloren. Auf dem Rücken der Kunst opportune Entscheidungen zu treffen, um Personen eine Position zu verschaffen, das ist widerlich! Aber man muss daran wachsen. Zum Glück habe ich wunderbare Freunde und darunter auch Heidi Goëss-Horten, die so eine Ungerechtigkeit nicht gutheißen.
Da führen Sie uns schon zur nächsten Frage. Wir sitzen nun hier im Leopoldmuseum, wo auch die überaus erfolgreiche Ausstellung WOW stattfand. Es war Ihre erste Ausstellung nach diesem unschönen Ende beim Belvedere. Wie hat sich das angefühlt?
Was mich sehr gefreut hat ist, dass Heidi Goëss-Horten auf mich zugekommen ist und mir zu diesem Zeitpunkt anvertraut hat, dass sie ihre Sammlung ausstellen möchte. Das zeigt schon, was für eine tolle Persönlichkeit sie ist. Zuvor hat niemand von der Existenz der Sammlung gewusst. Sie hätte diesen Schritt in die Öffentlichkeit nicht machen müssen – dann hätte sie jetzt weniger Unruhe in ihrem Leben. Natürlich war ich vor der Eröffnung nervös, wie die Ausstellung bei den Menschen ankommt. Der große Erfolg hat mich vor allem für Heidi Goëss-Horten sehr gefreut, weil es auch eine Bestätigung für die Qualität der Sammlung war.
Als Geschäftsführerin von Sotheby’s Österreich haben Sie 1982 das internationale Kunstgeschehen nach Wien gebracht und anschließend viele Menschen beim Aufbau ihrer Sammlung begleitet. Unter anderem auch Heidi Goess-Horten. Wie haben Sie sich kennengelernt, und warum hat Frau Goess- Horten in den 90er Jahren zu sammeln begonnen?
Ja, ich habe sie von Anfang an begleitet. Sie ist eine kunstsinnige Person. Sie malt selbst, hat ein sehr gutes Auge und ist schon sehr konkret in ihren Vorstellungen. Während sie die Sammlung aufgebaut hat, war sie anonym und wollte dies auch lange bleiben. Kennengelernt haben wir uns, schon bevor sie zu sammeln begann, am Wörthersee.
Es ist heute wahrscheinlich eine noch größere Herausforderung, gute Kunst zu sammeln, als in der 80er und 90er Jahren. Was würden Sie jungen Sammler*innen raten – welche Herangehensweise ist vielversprechend?
Ich glaube, man muss zunächst sehr viel schauen: in Ausstellungen, Galerien, Ateliers. Das Auge muss lernen, es ist ein Prozess. Man muss die Künstler und deren Entwicklung verfolgen. Man muss Freude daran haben und das, was man kauft, sollte man lieben. Viele machen den Fehler, dass sie in kürzester Zeit glauben, sie wissen schon alles. Man sollte sich austauschen und beraten lassen, aber, und das ist der springende Punkt, von den Richtigen.
Sie haben in Ihrer Karriere ja schon mehrere Museen gebaut und sicherlich einen großen Erfahrungsschatz. Was ist Ihnen bei so einem Museumsbau am allerwichtigsten?
Mein Chef und Lehrer Thomas Krens hat immer gesagt: „Prime Location!“ Also fanden wir die passende Immobilie im ersten Bezirk. Das Museum wird sehr speziell – ein Dialog zwischen Alt und Neu. Die Fassaden sind ja Teil der Kunstgeschichte, weil sie im Zuge des Ringstraßenbaus im Historismus erbaut wurden. Innen wird die Struktur sehr interessant, mit rund 1.500 m² Ausstellungsfläche und allen Facilities, die man braucht. Es muss einen Charakter haben, aber auch leicht handlebar sein und genauso wird es: ein „very special place“.
Sie sind eine große Unterstützerin der österreichischen Kunst und haben diese auch als Botschafterin in die Welt hinausgetragen. Wie sieht das Konzept der Heidi Horten Collection aus – wird es da auch zu Wechselausstellungen kommen, werden auch zeitgenössische Künstler*innen gezeigt oder ist es eine reine Sammlungspräsentation?
Das Vorbild ist Peggy Guggenheim in Venedig. Es wird also die Peggy Guggenheim von Österreich. Wir werden natürlich mit der Sammlung arbeiten, die ja so umfassend ist, dass man nicht alles auf einmal zeigen kann. Wir werden natürlich auch kleine Sonderausstellungen machen oder auch zeitgenössische Künstler*innen einladen.
Es wird lebendig…
Ja, es wird lebendig. Es wird zum Beispiel einen Skulpturenpark auf dem Vorplatz geben. Natürlich muss man bei den Besuchern auch für Abwechslung sorgen.
Sie haben stets betont, dass ein Museum ein Dienstleistungsunternehmen ist. Können Sie das bitte spezifizieren? Und inwiefern wird die Heidi Horten Collection „Dienstleisterin“ sein?
Für uns wird die Vermittlung eine ganz große Rolle spielen. Wir werden die neuesten Technologien und Medien dafür verwenden. Kinder und Jugendliche werden wir besonders fördern. Die Überschrift lautet „Education“. Schon 1980 gab es im Guggenheim Museum ein Programm, es hieß „Learning Through Art“. Das war immer Vorbild für mich. Wir möchten ein interessiertes Publikum erreichen und ein horizonterweiterndes Angebot umsetzen, beispielsweise auch durch „educational events“.
Das Museum wird ein Privatmuseum einer der vermögendsten Frauen in Europa. Wo viel Geld ist, ist bekanntlich viel Neid. Denken Sie, es ist insofern schwieriger, die Akzeptanz für dieses neue Museum zu schaffen?
Ja, das erleben wir jetzt gerade, aber ich bin überzeugt davon, dass die Menschen im Endeffekt wahnsinnig stolz auf Heidi Goëss-Horten sein werden. Der Großteil der Menschen ist an ihrer Person interessiert und daran, was sie erschaffen hat. Die ganze Welt schreibt über sie, sie ist unter den 100 bedeutendsten Sammler*innen gelistet. Heidi Goëss-Horten ist eine hochsensible, sehr intelligente, unabhängige und künstlerisch affine Person, die Großes geleistet hat. Und sie ist unglaublich großzügig. Sie baut ein Top-Museum in Wien, macht ihre Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich und finanziert das alles selbst. Ich bin überzeugt, die Menschen werden diese Leistung erkennen. Alle, die ich treffe, sind begeistert von dem Projekt. Sie sind dankbar und froh, dass es jemanden gibt, der so etwas auf die Beine stellt. Die einzigen, denen es nicht behagt, sind die Herrschaften aus der Politik. Dieses Museum wird über Kunst verfügen, die es in keinem anderen Museum in Österreich gibt. Man kann nur den Hut vor Heidi Goëss-Horten ziehen!
Die Kulturbranche ist von der Pandemie ja mitunter am härtesten betroffen. Wie kommen wir da wieder raus? Was braucht es Ihrer Meinung nach jetzt, um Europa als DEN Kulturkontinent gestärkt aus der Krise zu führen?
Es braucht jedenfalls keine leeren Versprechungen und keine Worthülsen. Ich glaube, es kommt eine Zeit der Wahrheit auf uns zu, die die Spreu vom Weizen trennen wird. Dass die öffentliche Hand hier alles unterstützen wird und kann und der große Geldregen kommt, das schließe ich eher aus. Die Verantwortlichen müssen sich alternative Modelle überlegen. Jede Krise ist eine Chance, um sich neu zu definieren. Man wird sich wirklich endlich intensiv mit dem lokalen Publikum auseinandersetzen müssen. Und vor allem sollte nun endlich ein Miteinander und nicht ein Gegeneinander gepflegt werden. Die Museen haben die Depots voll mit wunderbarer Kunst, und jedes Museum in Österreich hat seinen Auftrag. Vielleicht regt die neue Situation endlich dazu an, sich ernsthaft damit zu befassen!