„ICH BIN KEIN SAMMLER.“
Wenn man Recherchen über Hans Schmid anstellt, findet man Dokumente seiner beruflichen Erfolge als Chef einer der größten Werbeagenturen (GGK) und Immobilien-Investor, über seine Leidenschaft für Literatur, insbesondere Christine Lavant, seinen Ehrgeiz, der größte Winzer Wiens zu sein, seine Affinität für das Kaufhaus Steffl und seine vielfältigen großzügigen sozialen Projekte.
Worüber in der Öffentlichkeit weniger bekannt ist, ist seine große Liebe zur Kunst und vor allem sein Sinn für Künstler und deren Geschichten. Auch wenn Hans Schmid zu Beginn unseres Gesprächs ausdrücklich betont, dass er kein Sammler ist, sind die Werke, die sich über Jahrzehnte mittlerweile in der Privatstiftung zusammengefunden haben, mehr als beachtlich. »Ich bin kein Sammler und deshalb habe ich es auch nie öffentlich gemacht. Wobei ich es schon wichtig finde, dass Sammler es prinzipiell öffentlich machen, weil es dann andere Menschen animiert.« Schmid kauft nur nach Gefühl. Ein richtiger Sammler ist für ihn einer, der sich sehr gut auskennt, zielorientiert und pragmatisch genug ist, das Ziel zu erreichen. »Ich tätige Zufallskäufe. Es ist ein Investment, aber ich kaufe nicht für Wertsteigerung, das ist nicht das Ziel. Ich kenne mich viel zu wenig aus. Ich möchte da nicht mit anderen konkurrieren, die sich viel besser auskennen. Ich handle ausschließlich mit Herz und Bauch.« Auf Auktionen wird man Hans Schmid selten antreffen, er entsendet da lieber Vertraute in den Saal, denn er weiß, wie Auktionshäuser funktionieren. »Wenn ich dasitze, steigert gleich jemand mit.« Dadurch fällt Schmid unter den Sammlern auch nicht so auf. Kunst ist für den Kärntner, den es schon in jungen Jahren nach Wien zog, ein Bedürfnis, ja eine Herzensangelegenheit.

Einer meiner Grundsätze ist, dass wir nicht nur der Gesellschaft verpflichtet sind, für die wir arbeiten, sondern auch gegenüber der Gesellschaft, in der wir leben.
Sein Handeln nach Herz und Bauch hat ihm letztendlich einen entscheidenden Vorsprung verschafft und das nicht nur bezogen auf die Kunst. Man hat das Gefühl, was Schmid angreift, das riecht nach Erfolg. Er hat sogar eine Formel dafür: »70 Prozent Transpiration, 20 Prozent Inspiration, 10 Prozent Glück.« Das kommt noch aus seiner Werbezeit. 70 Prozent sind also Hackeln, Schwitzen, Arbeit, 20 Prozent sind die Ideen, die man hat und entwickelt, und dazu gesellt sich im besten Falle noch das Quäntchen Glück.
Schon in jungen Jahren hat Hans Schmid Skizzen gekauft. Als er sich dann selbstständig machte, hat er begonnen Kunst zu kaufen. In seinem Freundeskreis war ein Kunststudent aus Gmunden, »von dem habe ich Bilder gekauft. Auch weil er Unterstützung brauchte. So bin ich da langsam reingewachsen.« Als seinen Mentor nennt er den berühmten Galeristen Kurt Kalb. »Der hat viele groß gemacht. Er hat Künstler gefördert, hat die Wohnungen bezahlt, die Ateliers und Einladungen.« Kalb war aber auch durchaus wählerisch, wem er welche Bilder verkaufte. Zu Hans Schmid hatte er Vertrauen. »Über ihn habe ich die Künstler wie Attersee und Roth und viele mehr persönlich kennengelernt.« Schmids Zugang zur Kunst ist ein breiter und offener. Die Kunst macht nämlich aus seiner Sicht auch bei der Technik nicht halt. »Vor vielen Jahren habe ich ein Enigma gekauft von einem deutschen Soldaten. Ich habe das als Kunstwerk betrachtet. Auch ein Auto kann ein Kunstwerk sein, der Jaguar E‑Type beispielsweise. Enzo Ferrari hat einmal gesagt, das ist das schönste Auto der Welt.«
Mit der einzigen Ausnahme von Sigmar Polke, sind die Werke alle von österreichischen Künstlerinnen und Künstlern. »Das war nicht bewusst, noch dazu sind sehr viele Kärntner Positionen dabei.« Aber nicht nur Maler. Die Lyrikerin Christine Lavant hat es Hans Schmid angetan. Schon früh, als ihm durch Zufall ein Buch von ihr in die Hände fiel, entpuppte sich Hans Schmid als Fan. »Sie ist eine großartige Schriftstellerin«, schwärmt er. Zwei Nachlässe hat Schmid aufgekauft, hat sich die Rechte des Verlags geholt, ein Gesamtwerk herausgegeben, einen Verein gegründet und einen Förder-Preis ins Leben gerufen. Eine runde Geschichte, denn Lavant war fast vergessen und ist durch sein Engagement wieder in aller Munde. Da treffen die Leidenschaft eines Fans und das Geschick eines Marketingexperten aufeinander. Und das ist auch gut so, denn immerhin hat auch Thomas Bernhard gesagt, dass Christine Lavant die beste Lyrikerin in deutscher Sprache ist.

Kunst spielte aber nicht nur privat, sondern auch in der Werbeagentur GGK eine maßgebliche Rolle. Wir erfahren im Gespräch mit Hans Schmid, dass es dort berühmt berüchtigte Kunst Partys gab. »Kiki Kogelnik hat ihre erste Ausstellung bei uns in der Werbeagentur gemacht. Wir haben in der Agentur eine Galerie eingerichtet: Die Galerie der GGK. Das Programm war durchaus beliebt. Ich erinnere mich noch sehr gut, die erste Ausstellung trug den Titel 32 Protagonisten stellen 32 Künstler vor. Bruno Kreisky hat sie eröffnet. Das war ein großer Erfolg.«
Aktuell ist Hans Schmid für 500 Mitarbeiter verantwortlich. Zu seiner unternehmerischen Tätigkeit zählt mittlerweile auch jene des größten Winzers Wiens. Der Einstieg in diese Branche war der Kauf vom Weingut »Rotes Haus« am Nussberg. Auch das ein Zufall. Daraufhin bot ihm Franz Mayer an, sein Weingut zu erwerben und Schmid zögerte nicht lange. »Mir war dann aber klar, ich muss eine kritische Größe erreichen und das sind für mich 50ha und so sind wir irgendwann bei der Produktion aus allen Nähten geplatzt.« Also hat Hans Schmid einfach neu gebaut, einen schwarzen Kubus, die modernste Produktionsstätte, die es gibt. »Da organisieren wir auch einen Ab-Hof-Verkauf und produzieren 450.000 Flaschen.« Es geht ihm in erster Linie um Qualität. Sieben Jahre Aufbauarbeit hat sich Schmid dafür gegönnt, denn sein Rat gegenüber Kunden in der Agentur lautete immer schon: »Versuchen Sie das beste Produkt am Markt zu haben und ich mache das beste Marketing.« Schmid gibt gerne jungen Leuten eine Chance und so ist sein Team rund um den Wein auch ein sehr junges. »Die glühen! Das macht mir große Freude … und klar, wenn es noch gute Weingärten gibt, kaufe ich sie.«
Schmids zentrales Thema ist aber sowohl in der Kunst als auch im Geschäftsleben der Mensch – er steht im Mittelpunkt. So war sein Leitsatz immer »Man muss die Menschen lieben!« und »Ich habe immer in Menschen investiert«. Er war immer gerne unter Menschen und er ist überzeugt davon, wenn man den Menschen etwas gibt, kommt das zurück. »Ich bin Sozialdemokrat, ich bin so geprägt. Meine Mutter war sehr sozial und großzügig. Einer meiner Grundsätze ist, dass wir nicht nur der Gesellschaft verpflichtet sind für die wir arbeiten, sondern auch gegenüber der Gesellschaft, in der wir leben.« Mit seiner Stiftung finanziert Hans Schmid zahlreiche soziale Projekte, unter anderem auch das Cape 10, das im Herbst eröffnen soll. Auf 5.000 Quadratmetern entsteht beim Wiener Hauptbahnhof ein Ort der Begegnung und Hoffnung für alle. Hier soll obdachlosen Menschen Unterkunft, medizinische Betreuung sowie Förder-Möglichkeiten für Kinder geboten werden. »Geben gibt mir mehr als Nehmen«, sagt Schmid und freut sich sichtlich über dieses neue Projekt.
Auf seine Favoriten in der »Sammlung« angesprochen nennt Schmid das Porträt der Lavant, eine Röthel Zeichnung, ein Werk von Schatz mit dem Titel »Die Schaustellung« und jenes von Maria Lassnig »Mutter mit Tochter«. Und er macht uns noch auf etwas anderes aufmerksam. Zwei Zeichnungen von der Franz-Josef-Expedition von Weyprecht und Payer. »Das Wichtige daran ist nicht das künstlerische Können, sondern der emotionale Wert, eine unglaubliche Geschichte und eine historische Dokumentation.«
Es sind die Geschichten hinter den Werken, die Schmid so oft in den Bann ziehen und das macht ihn zu einem, der Kunst nicht sammelt, sondern sie liebt, lebt und schätzt!
Der Artikel ist in der Printausgabe collector’s choice edition SAMMLUNG HAINZ im Mai 2021 erschienen.