Der taiwanische Künstler Yahon Chang, geboren 1948 in Nantou, Taiwan, begann seine erste Zeichenstunden in Kalligraphie im Alter von 7 Jahren.
Am National Taiwan Art College studierte Chang Kunst und Kalligraphie. Der Künstler übte sich in Architektur und Landschaftsdesign, und experimentierte mit verschiedenen Techniken, unter anderem mit geschriebenen Texten, Farben, Pinsel, Reispapier und mehr. Durch den Kurator Johnson Chang, der ihn 1996 zu einer Gruppenausstellung in der Hanart TZ Galerie in Taipei einlud, wurde das Werk Changs erstmals prominent gezeigt. Eine Reihe vieler Gruppenausstellungen folgten, sowie Einzelausstellungen ab dem Jahre 2000 in Museen in Shanghai, Taipei, Tokyo, Peking, sowie in Hannover, Hamburg, Barcelona, Venedig und Rom. Changs Einflüsse kommen von vielen, unterschiedlichen Quellen. Die chinesische Kalligraphie, wie zum Beispiel von Wang Xi Zhi, Dynastie (ca. 265–420), und die Mogu Technik von Shi Tao und Bado Shannen, sind in seinem Werk reflektiert.
Seit seiner Kindheit hat Yahon Chang sich mit der Kunst und Geschichte Chinas auseinandergesetzt und sieht seine explosive Zeichen- und Malkunst in Beziehung zu den Zen Gemälden der Qing Dynastie. Auch die westliche Kunst des 20. Jahrhunderts hat Chang viel Neues erschlossen, so die Gemälde von Picasso, Matisse, de Kooning und die amerikanischen, abstrakten Expressionisten wie Franz Kline und Jackson Pollock. Der Schweizer Bildhauer Alberto Giacometti hat durch seine longierten Körper ein verzerrtes und sehr individuelles Bild vom menschlichen Körper und der Seele dargestellt.

Die Existenz des Menschen, sein Schmerz und Leid, die Auseinandersetzung mit Leben und Tod, sind existentielle Themen, welche die westliche als auch die östliche Kunst seit Begin der Kunstgeschichte reflektieren.
Chang hat 2015 in der Biennale Venedig eine große, umfassende Rauminstallation mit dem Titel „The Question of Beings“, geschaffen, die charakteristisch für sein Werk und seine Gedanken zur Kunst ist. Diese Installation zeigte Figuren und Gesichter („Faces“), die auf den Betrachter düster, asketisch und entfremdend wirken. Chang sagte mir unlängst in einem Interview: “It’s even more difficult to paint an ugly painting, that it is to create a beautiful one. Extreme ugliness is the beginning of beauty“. Über seine Technik, zumeist am Boden auf großem Reispapier zu arbeiten, beschreibt der Künstler so: “I am good at using odd brushes. The way I wield, use and control my brush has never been seen before“.
Erinnerungen an den amerikanischen Künstler Jackson Pollock kommen auf, der seine Gemälde durch große, gestische Bewegungen am Boden malte und abstrakte Formen in sich verschmelzen ließ. Pollock schaffte mit dem Action Painting ab 1946 eine neue, expressive Art der Malerei, indem er Farbtiegel und Farbspritzen zumeist durch den Einsatz seiner großzügigen Körperbewegungen auf der am Boden liegenden Leinwand schüttete und spritzte. Diese körperlich, gestische Erfahrung ist bei Chang nicht unähnlich, jedoch behält Chang die überdimensionalen, speziell für ihn angefertigten Malpinsel in der Hand, um in großen Schwüngen die Rhythmen seiner Körpersprache aufs Papier zu bringen. Religion und Spiritualität sind für Yahon Chang bedeutende Themen. Als Buddhist studierte er unter anderem Zen Buddhismus und Tantrischen Buddhismus. Seine Serie von bekannten Mönchen, die Jianzehn und Kukai auf dem Papier zeigten, hatten die Lehren Buddhas weiter geführt und der Master Chan Yin, der den Künstler vom Buddhismus überzeugte, gab ihm spirituelles Licht und Weisheit für seine Arbeit. Später konvertierte Chang zum Katholizismus: “I trust in God, not in my own abilities. Jesus shares my burdens and relieves me of my stress;“ beschreibt Chang.
In Changs „Faces“, finden sich Gesichter der unterschiedlichsten Art. Vom Schmerz zerstörte Menschen bis hin zu bösartigen Grimassen, geben durch die schwarzweiß Schattierungen ihre Ängste, Emotionen und Unsicherheiten frei. Oft wirken die Augen wie tot, für das Verständnis der Betrachter unerreichbar, mystisch und beengend. Auch die bunten Gesichtsgruppen bilden eine beindruckende Einheit. Durch die Farbgebung verdichten sich die Kompositionen, die fleckigen, abstrakten Farbpatzer verschleiern die Gesichtsausdrücke zu fast unerkennbaren Expressionen. Oft vermischt sich die Gouache Farbe mit der schwarzen Tinte und die Farbtexturen laufen ineinander über. Es entsteht ein aufgewühltes Gewirr von Gesichtsteilen, Farbflecken und abstrakte Formen. „For the Venice Biennale exhibition, the four walls along with the ceiling and the floors are all black and white, while the pillars are colorful. … I continued to paint for over 14 days. That summer in Venice was incredible humid, my painting was soaked in moisture and failed to dry properly. My last resort was to transfer the canvas to a Hotel room, where I blasted the furniture to dry the painting; only then was I able to complete this grand project in time“.
Yahon Changs neue Projekte bringen ihn nach Süditalien, wo er in kursiver Kalligraphie malen wird. Seine Inspirationen nimmt der Künstler zumeist von der asiatischen Kunst, welche in ihrer meditativen Eigenheit anders ist als die westliche Kunst des abstrakten Expressionismus. „The focus of my creation will be to reflect the spriritual euphoria and emotions, using bold strokes and vivid splashes of ink to capture the dynamic of joy within.“