1.21 Pioneering

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Als Friedensreich Hundertwasser 1959 Gastdozent an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg war, zog er zusammen mit Herbert Schuldt, Bazon Brock und anderen eine zehn Kilometer lange endlose Linie, die sich über Wände und Türen eines Hochschulraumes erstreckte – das löste einen Skandal aus. Arnulf Rainer wurde 1961 in Wolfsburg wegen der öffentlichen Übermalung eines prämierten Bildes gerichtlich verurteilt. Die Malerei sei tot, hieß es in den 1970er Jahren. Julian Schnabel war damals gerade 30 Jahre alt geworden und hatte sich dennoch für die Malerei entschieden. Oder vielleicht gerade deshalb. „Ich dachte, wenn Malerei tot ist, dann ist es gerade recht, mit dem Malen zu beginnen“, sagte er 2003 rückblickend selbstbewusst in einem Interview. Melissa E. Logan und Alexandra Murray-Leslie performten 1997 zum ersten Mal beim Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler im Rahmen der Ausstellung „Professionalität“ und spielten ihre frisch gepresste Single „Smash Metal“ in einem abgedunkelten Raum mit Stroboskopbeleuchtung und Nebelmaschine, und schrien dabei für zwölf Minuten in das Mikrofon. Diese Art der Darstellung entspräche nicht den Vorstellungen des traditionsorientierten Hochschulpublikums und war die erste öffentliche Demonstration von Chicks on Speeds gegenkultureller Einstellung.

Die Begrifflichkeit „Pionier“ ist so umfassend und verspricht prinzipiell Großartiges, zielt auf alles ab, was Emotionen auslöst und auf ewig in die Geschichte eingeht, auf herausragende und bahnbrecherische Leistungen von Einzelpersonen oder Gruppierungen, die tatsächlich darin eine Vorreiterrolle skizzieren und sich als Erneuerer profilieren.

Pioniergeist sorgt für Skandale, irritiert und schreckt ab. Pioniere stoßen häufig auf Unverständnis und Ablehnung, gerade weil es die allgemeine Logik nicht verstehen will. Das ist kein Wunder, denn sie sind der Gesellschaft und dem standardisierten Leben immer einen Schritt voraus. Sie gehen neue riskante Wege, brechen gängige Muster auf, bedienen sich innovativer Methoden und öffnen einen neuen  Blickwinkel – neue Möglichkeiten, das scheinbar Unmögliche, welches allerdings exakt dem Muster der Evolution entspricht. Und genau darum geht es. Pioniere fordern ihr Gegenüber und sich selbst immer wieder neu heraus. Die Kunst lebt vom Pioniergeist – und beeinflusst auf diese Weise andere Bereiche auf diesem Planeten und in unserer Gesellschaft. Wir gehen mit dieser Ausgabe noch einen Schritt weiter: Der Künstler ist nicht nur Pionier, er ist Alchemist, er ist Universalgenie und zugleich Wissenschaftler. Er arbeitet am „opus magnum“, dem „Großen Werk“, und seinem Protagonisten, dem „Adepten“, der auf der Suche nach dem „lapis philosophorum“, dem „Stein der Weisen“ ist, nach geistiger Vollkommenheit, nach Selbst- und Welterkenntnis strebt.